Der Kult-Bus mit Schweiz-Bezug
Der VW-Bus hat heutzutage Kultstatus. Erfunden wurde dieser von einem Niederländer, der sich in der Schweiz eine Villa bauen liess und häufig hier war. 1965 beschenkte der inzwischen reiche Ausländer alle Schulkinder in einem kleinen Schweizer Dorf.
Von Michael van Orsouw
Es war nach dem Zweiten Weltkrieg, als ein niederländischer Autoverkäufer am Verzweifeln war. Dieser Benardus Pon, damals 43-jährig, verkaufte als Generalimporteur Volkswagen in seiner Heimat. Aber in der Niederlande galt Deutschland aufgrund der Besatzung während des Kriegs als verhasst, da gestaltete es sich schwer, deutsche Automobile zu verkaufen. Deshalb setzte Ben, wie Bernardus Pon genannt wurde, auf Innovation: Er sprach von einem einfachen Transportfahrzeug mit dem kastenförmigen Aufbau, das so robust sein sollte wie ein VW Käfer, ebenfalls mit einem Motor im Heck. Deshalb setzte sich Ben Pon nach einem Besuch der VW-Werke in Wolfsburg hin und fertigte 1947 eine einfache Skizze: Das war der Startschuss für den millionenfach produzierten VW-Transporter, auch VW-Bus genannt! Die Skizze, in sein gelochtes Notizbuch gekritzelt, befindet sich heute im renommierten Rijksmuseum in Amsterdam, sie gilt als der Anfang einer aussergewöhnlichen Erfolgsgeschichte. Dieser Ben Pon hatte auch mit der Schweiz zu tun, doch davon später.
Zuerst lief 1950 der VW T1 nach der Idee von Pon, das VW-Bus-Urmodell, serienmässig vom Band. Sehr rasch entwickelte sich das Transportauto zu einem Triumph. Denn im Wirtschaftswunder benötigten Handwerker und Kleingewerbler einen kleinen Werkstattbus, sodass schon vier Jahr später der hunderttausendste VW-Bus produziert war. Der «Bulli», wie er der BUs-LIeferwagen und fortan hiess, erfreut sich bis heute grosser Beliebtheit als Arbeitstransporter, Familienfahrzeug, Reisemobil oder Hippiebus. Unterdessen ist der «Bulli» zum begehrten Kultauto avanciert und hat eine grosse Fangemeinde auf der ganzen Welt.
Zurück zu Ben Pon. Zwischendurch musste der wirblige Autoverkäufer mit Jahrgang 1904, der auch die bekannten «VW Käfer» nach Amerika brachte, durchatmen. Dafür hatte er ab 1957 eine Ferienwohnung in der Schweiz gemietet, nämlich bei Oberhalten an der Forchwaldstrasse in Walchwil im Kanton Zug, wo aufgrund der günstigen Lage sogar Feigen und Palmen wachsen. Es gefiel Ben Pon dort so gut, dass er gerne ein Haus kaufen oder bauen wollte. Am Stammtisch im «Sternen» äusserte der Niederländer seinen Wunsch; der Wirt schickte ihn daraufhin zu Thomas Hürlimann-Luthiger, der in der Walchwiler «Schmitte» ein Heizungs- und Sanitärgeschäft betrieb und zudem Brunnenmeister und Gemeinderat war. Von da an ging es schnell. Pon konnte 1961 auf der Engelmatt ein Grundstück kaufen, das Hürlimann mit einer Villa bebaute. Darauf kam Ben Pon öfters an den Zugersee. Als die Gemeinde Walchwil 1963 das neue Schulhaus einweihte, liess sich Autohändler Ben Pon etwas Besonderes einfallen, zumal die Schule in der Nähe seiner Liegenschaft zu stehen kam: Er beschenkte alle Kinder der Primarschule Walchwil – jedes Kind bekam ein Banksparheft mit einem Guthaben von zehn Franken vom reichen Neo-Walchwiler.
Auch die Erstklässler der Folgejahre erhielten ein Sparbüchlein des spendablen Niederländers. Das Onlinemagazin «Zentralplus» hat Beschenkte von damals ausfindig gemacht, so etwa Monika Senn, die zitiert wird: Es sei «schon beeindruckend» gewesen, «da kommt einer, und macht der ganzen Schule auf einen Schlag ein Geschenk, wie wir es uns vielleicht auf Weihnachten haben erhoffen können.» Heute ist Walchwil ein beliebter Wohn- und Steuerort für reiche Ausländer; damals, Mitte der 1960er-Jahre, war das noch nicht so. Dementsprechend dürften die Geschenke des Niederländers im einstigen Bauerndorf für Aufsehen gesorgt haben.
Doch die Story des reichen Schenkers ging noch weiter. Ben Pon war von Thomas Hürlimanns Leistung beim Einfädeln des Landverkaufs und beim Bau so angetan, dass er weiterhin mit ihm geschäften wollte. Der niederländische Autohändler und der Walchwiler Gewerbler gründeten 1964 gemeinsam die Beteiligungs- und Immobilienfirma Bentom AG – der erste Namensteil bezieht sich auf Ben Pon, der zweite auf Thomas Hürlimann. Sie bauten zahlreiche Häuser und Wohnungen in den Kantonen Zug und Luzern. Ben Pon starb 1968, sein gleichnamiger Sohn übernahm das VR-Präsidium in Walchwil (bis 1971). Bis heute ist die Bentom erfolgreich als Immobilienfirma an besten Wohnlagen tätig. In den Tiefgaragen der noblen Bentom-Wohnungen stehen eher wenig Fahrzeuge der Marke VW – aber schliesslich gehört auch Porsche zur VW-Gruppe ...
1947
Nach mehreren Werksbesuchen zeichnet Ben Pon am 23. April in seinem Tagebuch eine Skizze eines Busses auf Basis des Käfer-Chassis. Motor im Heck, Fahrer an der Vorderachse und eine Nutzlast von 750 kg. Mit dieser Skizze meldet er sich bei Heinrich Nordhoff von Volkswagen und erläutert seine Idee. Die Geburt des T1 wird damit eingeleitet.
1950
Der T1-Bus wird eingeführt. Die Produktion beginnt in Wolfsburg, wo auch der Käfer hergestellt wird. Da der T1 über eine vertikale Metallschiene in der Windschutzscheibe verfügt, wird er auch «Split-Bus» genannt. Ein anderer Name ist «Microbus». Im deutschsprachigen Raum wird der T1 liebevoll «Bulli» genannt. Er ist bereits damals als geschlossener Transporter, Kombi, Personenbus und Pick-up erhältlich.