Autogeschichten

Über den Baumwipfeln

Eine Crew aus Offroad-Profis, Fotografen und Filmern machte sich in einem VW Amarok auf, die schönsten Allradstrecken Europas zu entdecken. 16 Trails aus 15 Ländern sind nun im «Amarok Adventure Guide» zu finden. Wir präsentieren die Schweizer Strecke exklusiv als Auszug.

Text Christian Schön Fotos Bodo Kräling 

Im vierten Akt von «Wilhelm Tell» würde jetzt Landvogt Gessler durch die Hohle Gasse kommen. Aber Friedrich Schillers Drama ist datiert auf 1804, nicht auf das 21. Jahrhundert. Ausserdem führt der schmale Pfad nicht nach Küssnacht, wie im berühmten Theaterstück um den Schweizer Nationalhelden, sondern nach Sufers. Und deswegen reitet auch kein unbeliebter Tyrann durch den Wald im Val Schons, dem Schams-Tal. Stattdessen knirscht Kies unter den Rädern des Amarok, der – unbehelligt von Hinterhalten – auf drei unterschiedlichen Offroad-Strecken rund um Andeer unterwegs ist. Sie führen durch verwunschene Wälder, entlang saftiger Alpwiesen oder in die hochalpine Zone jenseits der Baumgrenze. Die Bandbreite reicht von gemütlich bis herausfordernd. 

Die Berge rings um Andeer sind von einem Netz unbefestigter Wege durchzogen, die zu privaten Hütten führen, auf einer Alp auslaufen oder einfach im Nichts enden. Das Befahren ist grundsätzlich möglich, bedarf aber vorheriger Genehmigung durch die Gemeinde. Trail 1 führt zwischen Andeer und Sufers durch den Wald in ein Hochtal, in dem sich ausgedehnte Weiden erstrecken. Auf knapp 2000 Metern Höhe weidet das Vieh im Frühjahr, bevor es hinauf auf die richtige Alp geht. Die Hütten und Ställe der sogenannten Maiensässe werden nicht mehr alle von den Bauern genutzt, einige wurden inzwischen zu Wochenendhäusern umfunktioniert. 

Beim Rundblick breitet sich tiefe Entspannung aus. Hügel, so weit das Auge reicht. Darin eingebettet: ein kleiner See. Im Westen ragen weiss die Splügner Kalkberge auf, die mit Teurihorn, Steilerhorn und den Pizzas d’Anarosa knapp 3000 Meter erreichen. Durch das Hochtal schlängelt sich der Trail Richtung Süden, kurz vor Sufers taucht er wieder in den Wald ein. Dem Amarok begegnet eine Gruppe Mountainbiker, die im kleinen Gang bergauf keuchen. Sie wollen noch bis zur Hütte am Cufercalhorn auf 2385 Meter strampeln. 

Alpine Offroad-Freuden: Das Val Schons am Hinterrhein bietet abwechslungsreiche Trails – die aber meist einer Fahrbewilligung bedürfen.

Der Grenze entlang

Etwa 20 Kilometer südlich von Andeer, direkt an der Grenze zu Italien, windet sich ein ganz anders gearteter Trail hinauf auf eine Hochebene (Trail 2). Die Piste ist anspruchsvoller als die erste. Der Weg ist steinig, dennoch ohne Vierradantrieb befahrbar. Die Kehren sind so eng, dass dem Amarok das Rangieren gerade noch erspart bleibt. Aus Baumstämmen gezimmerte Lawinenschutzzäune lassen die Gefahren erahnen, die das steile Gelände im Winter birgt. Trotz der Barrieren ist von den Hängen abgebrochenes Geröll auf der Fahrbahn verstreut und lässt an einigen Stellen kaum eine schmale Spur frei. 

Viel Bodenfreiheit von Vorteil: Entlang des Stausees Lagodi Lei, der grösstenteils auf italienischem Boden liegt, winden sich steinige Wege den Berg hinauf.
Passt bestens in den Wald: Der grüne Amarok fällt optisch zwischen Moos, Bäumen und Naturwegen kaum auf.

Nun kreuzt Schmelzwasser den Pfad und fordert Vierradantrieb und Bodenfreiheit des Amarok. Gleich danach versperren kleinere Steinhaufen den Weg. Trotz Kriechgang und Vorsicht am Lenkrad kratzt es hin und wieder an einer der Metallplatten unter Motor, Getriebe und Differenzialen. Der Trail endet oberhalb der Baumgrenze auf 2200 Metern Höhe in Form einer Furgga, eines Passes. Dichter Wald versperrt die Weiterfahrt ins Nachbartal. Der Blick schweift zurück zur imposanten Staumauer und zur spiegelnden Wasseroberfläche des Lago di Lei. Der lang gestreckte See zwängt sich zwischen schneebedeckte Dreitausender, die den Vornamen Piz tragen. Furgga und Piz sind zwei Begriffe, die auf die historischen Wurzeln dieses Teils der Schweiz verweisen. Im Val Schons ist Rätoromanisch die Ursprache. Davon zeugen in Andeer zahlreiche Inschriften auf Häusern, Ortsnamen oder Bezeichnungen auf Wegweisern.

Kein Weg zu steil

Auch die Bergflanke im Osten des auf Deutsch Schams genannten Tals hält einen Trail bereit – Trail 3. Ausgehend vom Ort Pignia klettert er durch den Wald zunächst auf knapp 2000 Meter bis zu den zwei Dutzend Häusern des Maiensässes Bavugls. Ausserhalb der Siedlung wechselt die Landschaft schlagartig. Statt Bäumen säumen nun Alpwiesen den Weg. Der Amarok gewinnt auf dem Hochplateau noch einmal 200 Höhenmeter, unbeirrt zieht der V6-Turbodiesel den Pickup den Anstieg hinauf. Dann versickert die Piste im Gras – um die Natur unberührt zu lassen, bleibt nur noch die Option Umdrehen. Aber nicht, ohne zuvor die Fernsicht zu geniessen: hinunter zum mehr als 1000 Meter tiefer liegenden Andeer und den Hinterrhein entlang nach Norden, bei schönem Wetter bis Domleschg.

Auf dem Rückweg dämmert es langsam im Val Schons, die untergehende Sonne wirft Farbe auf die umliegenden Berge. Der beinahe schon dunkle Wald ist still und angenehm kühl. Boden und Steine bedeckt ein grüner Teppich aus Moos, die Nadelbäume rücken undurchdringlich dicht zusammen, der Pfad wird immer schmaler – wie in einem Märchenwald. Hinter der nächsten Biegung könnte Landvogt Gessler auf dem Pferd daherreiten. Rein theoretisch. 

Der talentierte Offroader

Er war 30 000 Kilometer lang ein unerschütterlicher Begleiter: der leuchtend grün folierte Amarok mit serienmässigem 3.0-V6-TDI-Motor, zuschaltbarem 4MOTION-Allradantrieb und optionalem Hinterachs-Sperrdifferenzial. Für die Offroad-Tour erhielt er zusätzliche Features wie Unterfahrschutz, erhöhtes Fahrwerk, Luftansaugschnorchel und Seilwinde – und war so für alle Herausforderungen gerüstet. 

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