Das Macher-Paar
Als «Alpentainer» und Unternehmer hat Marc Trauffer eine beeindruckende Erfolgsstory hinter sich. Mit seinem «Bretterhotel» rückt nun aber auch seine Frau Brigitte stärker in den Mittelpunkt. Ein Besuch beim Macher-Duo Marc und Brigitte Trauffer in Hofstetten.
Text Lukas Rüttimann
Fotos Adrian Bretscher @mood
Bodenständigkeit, das passt zu Trauffer. Und bodenständig gehts auch im «Bretterhotel» in Hofstetten bei Brienz zu und her. «Hier im Hotel sagen wir Du. Ich hoffe, das ist in Ordnung für dich», heisst es schon beim Einchecken. Natürlich ist es das. Und deshalb sagt Marc Trauffer vor unserem Gespräch auch ganz selbstverständlich: «Ich muss noch schnell für ein Selfie herhalten. Ich bin gleich bei dir!» Sagts und posiert wie einer, der das nicht zum ersten Mal tut, mit einer Gruppe von Hotelgästen für Erinnerungsfotos in der Hotellobby.
«So läuft das dauernd hier», sagt Brigitte Trauffer und lacht. Die Frau von Marc hat sich daran gewöhnt, Gattin eines Prominenten zu sein, der von allen erkannt wird. In letzter Zeit komme es aber immer häufiger vor, dass Gäste nach ihr fragen, sagt sie. Das ist kein Wunder. Denn mit der Eröffnung des «Bretterhotels» ist Brigitte Trauffer in eine neue Rolle geschlüpft. Sie ist nicht länger «nur» die Frau eines Musikstars. Sie ist Hoteldirektorin und zunehmend auch das Gesicht des imposanten Holzbaus beim Dorfeingang. Dabei wirkt sie so souverän, als hätte sie im Leben nie etwas anderes
gemacht – und als hätte es die bewegte Geschichte, die der Eröffnung dieses einmaligen Projekts vorausgegangen ist, nie gegeben.
Marc und Brigitte, wie verrückt muss man sein, um in der heutigen Zeit ein Hotel zu eröffnen?
Marc: Das Hotel ist mehr oder weniger die Konsequenz davon, wie ich mein Leben lebe. Meine Einstellung lautet: Ich habe vor nichts Angst.
Und ich liebe es, Dinge anzureissen und neue Projekte in Angriff zu nehmen. Dabei spüre ich keine Angst – vor nichts und niemandem. Das ist eine tolle Sache, kann aber auch ein Problem werden.
Brigitte: Das kann ich bestätigen. (lacht)
Marc: Ursprünglich wollte ich nur eine kleine Erlebniswelt rund um die Firma Trauffer Holzspielwaren bauen, weil mich immer so viele Leute danach gefragt haben. Die Idee war: ein Schnitzkurs, eine Ausstellung, ein Shop – that’s it. Nichts Grosses. Mit diesem Plan bin ich zur Bank und zum Ballenberg-Museum gegangen. Dort fanden alle: Das ist grossartig, aber es ist viel zu klein
gedacht. Du musst unbedingt etwas viel Grösseres machen!
Das passiert dir wohl auch nicht oft.
Marc: Nein, wirklich nicht. (lacht) Der Ballenberg hat uns dann hier eine Parzelle Land verkauft – unter der Voraussetzung, dass wir ein touristisches Projekt auf die Beine stellen. Ich habe mich mit Brigitte zusammengesetzt und angefangen, einen Plan auszuarbeiten. Dabei haben wir uns gefragt: Was braucht diese Region? Wie kann man diesem verträumten Ort mehr Leben einhauchen? Als ich meinte, hier fehle vor allem ein Restaurant und ein Hotel und wir könnten so etwas hinstellen, sagte Brigitte zu mir: «Bist du wahnsinnig?!»
Brigitte: Ich dachte wirklich, jetzt übertreibe er völlig.
Marc: Mein Plan sah so aus: Ich gehe mit diesem grössenwahnsinnigen Projekt zur Bank; dort sagen mir alle, dass ich spinne – und dann kann ich mein kleines Erlebniswelt-Projekt verwirklichen. Jetzt ist es anders gekommen. (lacht)
Wir wollten das Hotel zuerst auch nur bauen und dann verpachten. Doch dann hat Brigitte das Hotel zum Herzensprojekt gemacht.
Die Ausstellung beleuchtet die Familiengeschichte von Marc Trauffer und beschreibt die Entwicklung des Unternehmens.
Die Ausstellung beleuchtet die Familiengeschichte von Marc Trauffer und beschreibt die Entwicklung des Unternehmens.
Was hat dich daran gereizt?
Brigitte: Wir haben hier beide ganz viel Herzblut reingesteckt. Plötzlich bist du mit deinem Projekt so stark verbunden, dass du es nicht in fremde Hände geben möchtest. Ich wollte die Kontrolle darüber haben, was im Hotel passiert. Irgendwann konnten und wollten wir nicht mehr raus aus diesem Projekt. Ausserdem ist es unser Name, der auf dem Spiel steht.
Das Hotel trägt eine klare Design-Handschrift. Wie viel hast du dazu beigetragen?
Marc: Alles hier ist von Brigitte!
Brigitte: Innenarchitektur hat mich schon immer interessiert. Zuerst dachte ich, dass wir die Planung extern machen lassen müssten. Dass es zu viel sei für jemand, der das nur als Hobby macht. Irgendwann haben wir aber gemerkt: Wir beide wissen ganz genau, was wir wollen. Und es muss uns gefallen. Also machen wir das, was uns gefällt – mit viel Holz, mit Beton. Als gelernter Maurer hat Marc dann gleich selbst Hand angelegt.
Eine Dynastie von Machern
Trauffers sind geschäftstüchtige Macherpersönlichkeiten. Das waren sie immer. Bereits Marcs Grossvater Alfred bewies seinen Geschäftssinn, indem er mit seinen Holzspielwaren den Zwischenhandel umging und diese direkt an die Migros verkaufte. Auch Marcs Vater Kurt gilt als Macher und führte das Unternehmen zusammen mit Marcs Onkel Franz bis 2011. Dann kaufte Marc ihnen die Firma ab. Der Verkaufsprofi und ehemalige Radiomoderator machte aus dem KMU mit 15 Mitarbeitenden einen der grössten Spielwarenhersteller der Schweiz.
Die letzten Jahre waren – Pandemie ausgeklammert – von Erfolgserlebnissen geprägt. Ausverkaufte Tourneen und Alben in den Charts, das erfolgreiche Büezerbuebe-Projekt mit Gölä samt Konzerten im ausverkauften Zürcher Letzigrund-Stadion und sein Aufstieg mit Trauffer Holzspielwaren stehen für die Erfolgsstory des Marc A. Trauffer.
Mit dem «Bretterhotel» wird aus dem Macher
Trauffer nun aber zunehmend das Macher-Paar Marc und Brigitte. Denn das «Bretterhotel» ist mehr als nur ein Hotel: Mit einem Café, einer Bäckerei, einer Poststelle, einem Dorfladen, dem Restaurant «Alfred’s» und den Event- und Seminarräumen ist der Bau so etwas wie das neue Dorfzentrum. Es sei spannend, wie sie aus der Tourismusbranche immer mehr angefragt würden, zum Thema «Hotel als Hub» Auskunft zu geben, sagt Brigitte. «Dabei hatten wir das gar nicht geplant, es hat sich einfach so ergeben. Wir wollten eine Erlebniswelt bauen – herausgekommen ist ein Hotel als Hub, das im Schnitt von 35 Gruppen pro Woche besucht wird.»
Ihm sei von Anfang an klar gewesen, dass dieses Hotel nur als «eierlegende Wollmilchsau» reüssieren könne, sagt Marc. «Jeder Hotelberater sagt dir, dass du dich spezialisieren musst. Ich wusste: Bei uns ist das Gegengeil der Fall. Wir sind ein Ort für alle – Familien, Paare, Manager, Touristen, Einheimische, Alt, Jung, Gutbetuchte oder Low-Budget. Unser
Hotel funktioniert für jedes Bedürfnis. Genau davon würde dir aber jeder Experte abraten.»
Woher kommt deine starke Überzeugung?
Marc: Ich habe einfach keine Angst vor dem Scheitern. Wenn ich scheitere, dann ist es halt so. Aber das hält mich nicht davon ab, meine Ideen umzusetzen.
Ganz ehrlich, bist du denn überhaupt schon mal richtig gescheitert?
Marc: Oh ja! Im Geschäft habe ich ein paar Sachen versucht, die gewaltig in die Hose gegangen sind und mich viel Geld gekostet haben. Ich bin auch privat ziemlich heftig gescheitert, mit der Scheidung von meiner ersten Frau.
Auch musikalisch bin ich x-mal böse auf die Schnauze gefallen. Deshalb gab es auch für das Hotel einen Plan B und einen Plan C – einfach für den Fall, dass es nicht läuft. Niemand konnte damit rechnen, dass es so gut funktioniert. Bei den Events sind wir schon dran, die Saison 2024/25 zu planen.
Du bist Mundartmusiker, Unternehmer und jetzt auch noch Hotelier – wie bringst du das alles unter einen Hut?
Marc: Hier im Hotel bin ich nicht operativ tätig. Die Chefin ist Brigitte. Sie ist Hoteldirektorin und macht das perfekt. Ich bezahle die Löhne und bin Geschäftsführer. Das Tagesgeschäft führen andere, das ist übrigens auch in der Musik und in der Firma so. Aber natürlich trage ich überall die Verantwortung. Hier im Hotel zum Beispiel ist null Kapital von Investoren drin. Das ist alles unser eigenes Geld. Selbstverständlich haben wir Schulden bei den Banken. Aber letztlich bin ich Alleinaktionär und trage deshalb auch die volle Verantwortung.
Und nicht mal das macht dir Angst?
Marc: Während der Pandemie gab es eine Zeit, in der wir an die Grenzen stiessen. Die Kosten explodierten, und ich hatte das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren. Ich dachte: Jetzt hast du es endgültig übertrieben. Alles, was du dir erarbeitet hast, hast du an die Wand gefahren. Ich konnte nicht mehr schlafen und lud meine Sorgen bei Brigitte ab. Darauf konnte sie nicht mehr schlafen. Es waren harte Wochen.
Brigitte: Plan B war, dass wir ein Altersheim oder ein Burn-out-Center daraus machen. Wir beide wären die ersten Gäste gewesen. (lacht)
Täglich gelebte Nachhaltigkeit
So weit ist es zum Glück nicht gekommen. Seit seiner Eröffnung im Juni 2022 ist das «Bretterhotel» ein Erfolg. Eine Übernachtung im Holzbau ist ein Erlebnis. Die Zimmer sind gleichzeitig atmosphärisch und funktional. Das Bett ist gross und bequem, die grosse Fensterfront bietet den Gästen einen wunderbaren Ausblick in die grüne und bergige Traumlandschaft des Berner Oberlands am Fuss des Brienzer Rothorns.
Nur eine Klimaanlage sucht man vergeblich. Im «Bretterhotel» geht es auch gut ohne. Die luftdurchlässige Holzfassade und der Beton sorgen selbst an hochsommerlichen Tagen für ausgeglichene Temperaturen. «Nicht einmal unsere Gäste aus den USA oder aus arabischen Ländern beklagen sich», sagt Marc. «Wegen einer Handvoll Hitzetagen hier oben baue ich doch keine Klimaanlagen ein!»
Nachhaltigkeit, Bauen mit Holz, regionale Produkte – was heute Trend ist, macht Trauffer seit drei Generationen aus Überzeugung. «Bei uns macht nichts piep-piep, es gibt keine Plastikverpackung. Was jetzt ein Trend ist, war bei uns schon immer so. Und das spielt uns aktuell auch in die Karten», sagt Marc.
Klar, dass sich diese Philosophie auch in der Hotelkonstruktion wiederfindet. Heizenergie und Warmwasser werden mittels Fernwärme aus Abresten von Holzkühen produziert. Die E-Ladestationen für Autos in der Tiefgarage werden von Solarpanels auf dem Dach gespiesen. In den Zimmern gibt es keine stromfressenden Minibars. Dafür stehen den Gästen Getränke und Snacks rund um die Uhr in der MiniBar-DiniBar zur Verfügung.
Auch im Restaurant gibt es keine Hummer – dafür Käse, Fleisch, Pasta und Brot aus der Region. «Unsere Gäste schätzen das», sagt Brigitte. «Sie spüren, dass Nachhaltigkeit für uns kein Trend ist. Hier bei uns wird Nachhaltigkeit von allen Tag für Tag gelebt.»
Wie spiegelt sich eure nachhaltige Einstellung bei der Mobilität? Wie seid ihr unterwegs?
Marc: Ich fahre einen VW Touareg Hybrid und bin sehr happy damit. Klar reden heute alle vom öV. Aber der letzte Bus, der hier vor dem Hotel hält, fährt um 21 Uhr. Hier oben brauchst du ein zuverlässiges, gutes Auto. Nicht nur ich, auch unsere Angestellten. Man muss ein bisschen zwischen Stadt und Land differenzieren. Auch beim Hotel-Shuttlebus ist uns Nachhaltigkeit wichtig. Mit dem Multivan eHybrid werden manchmal Waren, in erster Linie aber Gäste transportiert – von den Bahnhöfen Brienz und Brünig-Hasliberg zum Hotel oder zu nahen Ausflugszielen wie den Giessbachfällen.
Wie denkst du generell über E-Mobilität?
Marc: Ganz ehrlich, am Anfang war ich skeptisch. Heute bin ich überzeugt. Ich bin bei Autos eigentlich recht flexibel. Auch was die Farbe angeht. Bei Brigitte ist das anders …
Brigitte: … stimmt, für mich gibt es bei Autos eigentlich nur schwarz. (lacht)
Ihr arbeitet als Paar sehr eng zusammen. Ist das nicht manchmal schwierig?
Marc: Uns hilft es, dass wir beide sehr gern arbeiten. Wir müssen uns nicht zwingen, am Morgen aufzustehen. Im Gegenteil …
Brigitte: … das stimmt. Wir müssen uns eher bremsen, dass wir nicht zu viel arbeiten. Nicht weil wir unbedingt steinreich werden wollen, sondern weil es uns beiden so viel Spass macht.
Und wie lautet das nächste Projekt des Macher-Paars Trauffer?
Brigitte: Ich möchte einen Streichelzoo hinter dem Hotel. Marc sträubt sich zwar noch. Aber ich habe das Gefühl, dass wir das irgendwie auch noch hinkriegen.
Marc: Was soll ich sagen? Hier im Hotel ist sie der Boss.